Therapie des Grand-Mal-Status

Der Grand-Mal-Status stellt eine vitale Bedrohung des Patienten dar und erfordert sofortige ärztliche Intervention. Häufig ist er Erstmanifestation der Epilepsie und hat eine symptomatische Ursache. Die gestuften therapeutischen Ziele lauten somit:

sofortige Unterbrechung des Status epilepticus
sofortige Diagnostik zur Erkennung symptomatischer Ursachen
sofortige Therapie kausaler Faktoren, soweit möglich
Optimierung der antikonvulsiven Dauertherapie in der Postakutphase

Die Diagnose kann in aller Regel durch die direkte Beobachtung der Anfallssymptomatik mit den typischen Merkmalen der bilateralen, tonisch-klonischen Entäußerungen für zumindest 1–3 Minuten in Serie und komatöser oder nicht reagibler Bewusstseinslage in den dazwischen liegenden Erschöpfungspausen gestellt werden. Zusätzliche Symptome wie der annähernd pathognomonische laterale Zungen- oder Wangenbiss und lokalisierbare postiktale Paresen sind in der Differentialdiagnose gegenüber einem psychogenen Anfallstatus hilfreich. Zur Statusbeendigung wird das in der Abbildung (s. o.) erkennbare Schema empfohlen. Die Dosierungen gelten für normalgewichtige Erwachsene. Der erste Schritt besteht in der i. v. Applikation eines der genannten Benzodiazepine, die gleiche Wirksamkeit besitzen. Benzodiazepine werden als erster Schritt wegen ihrer großen therapeutischen Breite und der vergleichsweise sicheren i. v. Applizierbarkeit bevorzugt. Zunächst sollte die genannte Initialdosis als Bolus i. v. appliziert werden (z. B. 10 mg Diazepam). Nach jedem weiteren Anfall folgt die erneute i. v. Applikation der gleichen Dosis, bis die genannte Höchstdosis erreicht und somit die Substanz ausdosiert ist. Die gleichzeitige Anwendung verschiedener Benzodiazepine ist nicht sinnvoll.

Bei Therapieresistenz besteht der zweite Schritt in der i. v. Applikation von Phenytoin oder Valproinsäure. Phenytoin kann mit einer maximalen Injektionsgeschwindigkeit von 50 mg/Minute appliziert werden (Cave: bei Parainjektion führt Phenytoin zu schweren Gewebsnekrosen). Nach jedem weiteren Anfall werden 250 mg Phenytoin zusätzlich gegeben, bis die Höchstdosis von 1500 mg (ca. 20 mg/kg) erreicht ist. Valproinsäure hat sich gemäß eigenen Erfahrungen bei der Behandlung des Grand-Mal-Status als wirksam erwiesen. Initial werden 900–1200 mg (ca. 15 mg/kg) rasch i. v. appliziert. Bei Therapieresistenz werden nach jedem weiteren Anfall 600 mg (= 2 Ampullen à 300 mg) i. v. injiziert, bis die Höchstdosis von 3000 mg erreicht ist. Bei guter Verträglichkeit und vitaler Bedrohung kann diese Höchstdosis auch überschritten werden.

Auch Levetiracetam hat sich, i.v. appliziert, durch viele wissenschaftliche Berichte dokumentiert, als wirksam zur Behandlung des Status epilepticus erwiesen. Es ist jedoch derzeit für diese Behandlung nicht zugelassen und kann somit nur als Reservepräparat nach Ausschöpfung der obigen Behanslungsschritte angesehen werden.

Bei Fortbestehen des Status wird als dritter Schritt Phenobarbital mit einer Initialdosis von 400 mg i. v. appliziert. Es folgen fraktionierte i. v. Gaben von 200–400 mg bis zu einer Höchstdosis von 2000 mg (oberhalb von 1000 mg jedoch in Beatmungsbereitschaft).

Ist der Status mit den ersten 3 therapeutischen Schritten nicht zu durchbrechen, wird eine Narkose mit Midazolam/Dormicum (initial 10–15 mg i. v. [0,15–0,2 mg/kg], dann Erhaltungsdosis 3,5–15 mg/h [0,05–0,2 mg/kg/h]) oder Disoprivan/Propofol (initial 150–300 mg [2–4 mg/kg], Erhaltungsdosis 3–6 mg/kg/h) eingeleitet. Die Narkose wird zur Optimierung der antikonvulsiven Basismedikation bzw. Behandlung der unterlagernden Grunderkrankung genutzt. Eine Beendigung der Narkose kann zunächst nach 24 Stunden und hiernach in 24-stündigen Intervallen versucht werden.

Bei Verdacht auf eine Hypoglykämie als Ursache des Grand-Mal-Status müssen schon initial 50 ml 50%ige Glucoselösung im Bolus i. v. injiziert werden. Bei durch Alkoholentzug induziertem Status werden initial 100–200 mg Vitamin B1 (Thiamin) i. v. oder i. m. appliziert.