Das Wichtigste über Oxcarbazepin

Zusammenfassung:

Oxcarbazepin ist eines der neueren Medikamente gegen Epilepsie und ein Mittel, das bei Herdepilepsien als einziges Medikament (Monotherapie) oder in Kombination mit anderen Medikamenten gegeben werden kann.

Bei 40-60% der mit Oxcarbazepin behndelten Patienten lässt sich Anfallsfreiheit erreichen.

Oxcarbazepin ist allgemein gut verträglich. Eine bekannte Nebenwirkung ist ein Absinken des Natriumwertes im Blut, der in besonders ausgeprägten Fällen zu klinischen Beschwerden führen kann. Zudem kommt ein Hautausschlag vor. Desweiteren  treten Nebenwirkungen wie Müdig-keit, Doppelbilder und Schwindel auf.

Oxcarbazepin ist mit Carbamazepin eng verwandt; daher tritt bei ca. 25-30% der Patienten, die gegen Carbamazepin allergisch reagieren, diese Allergie auch bei Oxcarbazepin auf.

Oxcarbazepin kann mit allen anderen Anti-Epilepsie-Medikamenten kombiniert werden, wenn dies notwendig ist.

Oxcarbazepin kann durch andere Medikamente in der Wirksamkeit beeinflusst werden. Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital senken den Spiegel von Oxcarbazepin, das wiederum zu einer Zunahme von Phenobarbital und Phenytoin und einer Abnahme von Carbamazepin führen kann.

Die Wirkung der Antibabypille wird durch Oxcarbazepin abgeschwächt, so dass eine andere Verhütungsmethode zusätzlich oder stattdessen nötig ist.

In der Schwangerschaft scheint Oxcarbazepin nach den bisher vorliegenden Daten kein unproblemati-sches Medikament zu sein; eine erhöhte Fehlbildungsrate ist im Tierexperiment nachgewiesen, so dass nach derzeitiger Datenlage eine Umstellung der Medikation in der Schwangerschaft überlegt werden sollte.

Unter welchem Namen ist Oxcarbazepin im Handel erhältlich?

Oxcarbazepin ist als Trileptal® und Timox® in Deutschland erhältlich.

Wie wirkt Oxcarbazepin?

Oxcarbazepin ist ein Medikament, das die Erregungsleitung von Nervenzellen hemmt.

In Nervenzellen sind verschiedene Ionen, das heißt  Bestandteile von Blutsalzen, für die Vermittlung der Erregung zuständig. Beispiele sind Natrium, Kalium, Kalzium und Chlorid. Durch kleine Kanäle in der Wand einer Nervenzelle kann Natrium in die Zellen gelangen und zu einer "Umpolung" der Spannung über der Zellmembran führen von innen negativ zu innen positiv. Durch diesen Vorgang wird die Erregung in Nervenzellen geleitet. Durch die Blockade dieser Kanäle hemmt Oxcarbazepin die Ausbreitung einer Erregung in Nervenzellen. Zudem erleichtert es möglicherweise das Übertreten von Kalium in die Zellen.

Welche Anfälle/Epilepsieformen lassen sich mit Oxcarbazepin behandeln?

Oxcarbazepin ist ein Medikament, das in der Behandlung herdförmiger Epilepsien eingesetzt wird. Es kann als einziges Medikament gegeben werden (Monotherapie) oder in Kombination mit anderen Medikamenten.

Für wen ist Oxcarbazepin zugelassen?

Oxcarbazepin ist für Patienten ab 6 Jahren mit fokalen und sekundär generalisierten Anfällen als einziges Medikament (Monotherapie) oder als Zusatzmedikament zugelassen. Oxcarbazepin kann mit allen anderen Medikamenten gegen Epilepsie kombiniert werden.

Wer darf nicht mit Oxcarbazepin behandelt werden?

Oxcarbazepin darf bei einer Überempfindlichkeit (Allergie) gegen Oxcarbazepin oder einen der Hilfsstoffe in der Tablette nicht gegeben werden. Zudem sollte es bei Kindern unter 6 Jahren nicht gegeben werden. Bei Patienten, die auf Carbamazepin allergisch reagieren, besteht eine Wahrscheinlichkeit von ca. 25-30%, dass sie auch auf Oxcarbazepin allergisch reagieren. Bei Patienten mit einer Herzpumpschwäche sollte das Gewicht regelmäßig kontrolliert werden, um rechtzeitig Wassereinlagerungen festzustellen, die durch Natriummangel im Blut auftreten können. Auch Patienten mit Herzreizleitungsstörungen (AV-Block, Arrhythmien) sollten regelmäßig überwacht werden. Bei vor allem älteren Patienten mit Nierenfunktionsstörung muss die Dosis an die Nierenfunktion angepasst werden.

Wie gut wirkt Oxcarbazepin?

Oxcarbazepin ist ein neueres Medikament in der Epilepsie-Behandlung, daher ist die Erfahrung noch nicht so groß wie mit z.B. Valproinsäure oder Carbamazepin. Trotzdem kann man sagen, dass Oxcarbazepin in der Behandlung herdförmiger Epilepsien ähnlich gut wie Carbamazepin wirkt, wenn etwa das 1,5-fache der  Carbamazepin-Dosis an Oxcarbazepin gegeben wird.

Oxcarbazepin gibt es nur als Tabletten, so dass eine rasche Aufdosierung im Notfall, z.B. als Infusion im Status epilepticus oder bei einer Anfallsserie nicht möglich ist.

Was sind die wichtigsten Nebenwirkungen von Oxcarbazepin?

Oxcarbazepin ist allgemein gut verträglich.

Eine wichtige Nebenwirkung ist die Ausbildung von allergischen Hautreaktionen, die insbesondere dann auftreten können, wenn bereits eine Überempfindlichkeit gegen Carbamazepin bekannt ist. In der Regel sind diese harmlos und vergehen rasch nach dem Absetzen des Medikaments.

Seltenere Nebenwirkungen sind Schwindel, Doppelbilder, Müdigkeit, Schwächegefühl, Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen.

Häufig kommt es zu einem Absinken des Natriumwertes im Blut. Dies ist meistens harmlos und macht keine Beschwerden. Jedoch kann es vorkommen, dass dieser Wert so weit absinkt, dass auch Beschwerden auftreten. Dies sind vor allem Verwirrtheit, Bewusstseinsstörungen, Erbrechen, Sehstörungen.

Wie wird Oxcarbazepin aufdosiert?

Oxcarbazepin wird langsam aufdosiert.

Üblicherweise beginnt man mit 600 mg/Tag, verteilt auf 2x300 mg und steigert jede Woche um bis zu 2x300 mg bis zu 2x900 mg/Tag und maximal 2 x 1200 mg/Tag.

Bei Kindern beginnt man mit 8-10 mg/kg pro Tag, verteilt auf zwei Einnahmen. Die Dosis kann jede Woche um weitere 10 mg/kg gesteigert werden.

Welche Tagesdosen sind sinnvoll?

Wie bei den meisten Anti-Epilepsie-Medikamenten, wird auch bei Oxcarbazepin zunächst auf mittlere Dosisbereiche aufdosiert.

Angestrebt werden folgende Dosisbereiche:

Bei Erwachsenen ist gibt man zunächst 600-1800 mg pro Tag. Bei Kindern etwa 30 mg/kg pro Tag, dies kann auf maximal 46 mg/kg pro Tag gesteigert werden.

Im Einzelfall muss diese generelle Richtlinie nach Wirkung und Nebenwirkung abgewandelt werden. Prinzipiell werden alle Antikonvulsiva bis zur Anfallsfreiheit aufdosiert oder bis zu einer Dosis, bei der Nebenwirkungen auftreten. Wenn letzteres passiert, wird die Dosis auf das zuletzt vertragene Niveau verringert. Wenn dann noch weitere Anfälle auftreten, ist eine vollständige Wirksamkeit des Medikaments nicht gegeben, so dass ein anderes Anti-Epilepsie-Mittel stattdessen oder zusätzlich gegeben werden kann oder muss.

Gibt es Wechselwirkungen oder Unverträglichkeiten mit anderen Medikamenten (hauptsächlich anderen Anti-Epilepsie-Medikamenten)?

Oxcarbazepin selber wird duch anderen Medikamente beeinflusst. Medikamente, die in der Leber den Abbau von anderen Substanzen beschleunigen, z.B. die Anti-Epilepsie-Medikamente Carbamazepin, Phenytoin oder Phenobarbital, verringern die Verweildauer von Oxcarbazepin im Körper, so dass die Dosis vom Oxcarbazepin erhöht werden muss. Demgegenüber verringert Oxcarbazepin die Blutspiegel von Carbamazepin, erhöht aber die von Phenobarbital und Phenytoin. Die Kombination von Oxcarbazepin und Monoanin-oxidase-Hemmern (MAO-Inhibitoren) wird nicht empfohlen.

Ist es sinnvoll, die Blutspiegel zu kontrollieren?

Spiegelkontrollen von Oxcarbazepin bzw. seinem wirksamen Abbauprodukt MHD sind möglich, aber in der Regel nicht notwendig.

Gibt es in der Schwangerschaft etwas zu beachten?

Schwangerschaften bei Epilepsie-Patientinnen sind generell Risikoschwangerschaften, da das Kind durch gewisse Medikamente gefährdet sein kann.

Oxcarbazepin ist ein Medikament, das in der Schwangerschaft derzeit als problematisch gilt. Es muss allerdings gesagt werden, dass die Datenlage noch nicht abschleißend beurteilt werden kann, da noch nicht genügend Schwangerschaftsverläufe untersucht sind, um endgültige Aussagen treffen zu können. Die bisherigen Daten aus Tierversuchen über Oxcarbazepin legen jedoch nahe, dass es zu einer Häufung von Fehlbildungen kommen kann. Im Tierversuch trat (bei einer allerdings ausgesprochen hohen Dosis, die in dieser Höhe Patienten nicht gegeben wird) eine Häufung von Fehlbildungen auf, insbesondere Wachstumsverzögerung und eine erhöhte Neugeborenensterblichkeit.

Insofern kann derzeit keine Empfehlung gegeben werden, Oxcarbazepin in der Schwangerschaft anderen Medikamenten vorzuziehen. Daher sollte vor Eintreten einer Schwangerschaft ein Beratungsgespräch stattfinden, um zu klären, ob der Nutzen das Risiko übersteigt und Oxcarbazepin weiterhin gegeben werden soll. Eine Umstellung auf ein anderes Medikament ist nur möglich, wenn rechtzeitig vor einer Schwangerschaft mit der Umstellung begonnen wird.

Umstritten ist, ob die Einnahme von Folsäure (2,5-5 mg/Tag) einen zusätzlichen Schutz bietet und daher bei Frauen, die Oxcarbazepin nehmen, aktuell empfohlen werden sollte. Da ein Schutz theoretisch jedoch möglich ist, wird es derzeit den Patientinnen empfohlen.

Vermieden werden sollte in jedem Fall - wenn dies möglich ist - die Einnahme von mehreren Medikamenten gegen Epilepsie gleichzeitig, da sie zu einer deutlichen Steigerung des Risikos führt.

Muss man sonst noch etwas beachten?

Oxcarbazepin kann das Reaktionsvermögen herabsetzen. Daher muss beim Führen eines Fahrzeuges (soweit dies erlaubt ist!) oder der Bedienung von Maschinen bedacht werden, dass es zu Gefahrensituationen kommen kann und entsprechend vorsichtig gehandelt werden bzw. die Tätigkeit kann bei entsprechender Nebenwirkung nicht ausgeübt werden.

Hinweis:

Die Medizin als Wissenschaft und somit auch die Epileptologie sind durch dauernden Zugewinn an Forschungsergebnissen einem ständigen Wandel unterworfen. Die genannten Daten gelten daher nur zum Zeitpunkt der Herausgabe dieser Patienteninformation. In unregelmäßigen Abständen oder dann, wenn sich Wesentliches ändert, wird diese Patienteninformation überarbeitet und als neue Version zur Verfügung gestellt. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir daher nur die jeweils aktuelle Version empfehlen können. Jegliche Haftung für die hier veröffentlichten Informationen wird abgelehnt.

Die hier dargelegten Informationen wurden nach bestem Wissen recherchiert. Trotzdem kann es zu Fehlern kommen, die sich z.B. aus Schreib- oder Übertragungsfehlern ergeben. Daher wird jeder Benutzer aufgefordert, sich im Zweifel andere Literatur zusätzlich zu besorgen und Angaben zu überprüfen.

Fachinformationen für Ärzte finden sich unter anderem unter:

Antikonvulsiva Oxcarbazepin

Zusätzliche Informationen bietet die Packungsbeilage des Medikaments. Zudem können Sie Ihren behandelnden Arzt oder den Apotheker fragen.

Herausgeber: Prof. Dr. A. Hufnagel