Klassifikation epileptischer Syndrome
In der internationalen Klassifikation epileptischer Syndrome (1989) werden im Wesentlichen zwei große Gruppen von Epilepsien unterschieden:
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idiopathisch generalisierte Epilepsien und
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Epilepsien fokalen Ursprungs.
Einen Überblick gibt Ihnen die nachfolgende Tabelle:
Zur Gruppe der idiopathisch generalisierten Epilepsien zählen: eine Form benigner familiärer Neugeborenenkrämpfe, die frühkindliche myoklonische Epilepsie, die frühkindliche myoklonisch-astatische Epilepsie, die frühkindliche Absence-Epilepsie, die Absence-Epilepsie des Kindesalters (Pyknolepsie), die juvenile Absence-Epilepsie, die juvenile myoklonische Epilepsie und die Aufwach-Grand-Mal-Epilepsie mit (primär generalisierten) tonisch-klonischen Konvulsionen.
Gemeinsame Merkmale in der Gruppe der idiopathisch generalisierten Epilepsien sind: fehlender Nachweis herdneurologischer Störungen (weder klinisch-neurologisch noch im MRT/CT, nur bei >10 % im EEG herdförmige epilepsietypische Potentiale zusätzlich zu generalisierten epileptiformen Potentialen), charakteristische Erkrankungsalter, häufig erkennbare tageszeitliche Bindung mit Anfallshäufung nach dem Erwachen oder in den Morgenstunden, leichte Provozierbarkeit von Anfällen durch Hyperventilation, Schlafentzug, Photostimulation, bilateral synchrone Entladungen von Spikes, Spike-Wave-Komplexen (charakteristischerweise 3–4/sec) oder Polyspike-Wave-Komplexen im EEG mit generalisierter Verteilung, aber häufig frontaler Dominanz, Zunahme der epilepsietypischen Potentiale im Schlaf-EEG.
Zwischen den idiopathisch generalisierten Epilepsien bestehen enge Assoziationen sowohl im Hinblick auf die Anfallsformen als auch die EEG-Kriterien. Sowohl individuell als auch familiär kommen Absencen, Myoklonien und primär generalisierte tonisch-klonische Anfälle gehäuft nebeneinander vor. Eine genetische Assoziation ist wahrscheinlich.
Abzugrenzen von den idiopathisch generalisierten Epilepsien sind Epilepsien fokalen Ursprungs. Charakteristisch für fokale Epilepsien sind: der häufige Nachweis eines funktionell-läsionellen epileptogenen Komplexes, der Lokalisation des Herdes entsprechende neurologische Defizite oder neuropsychologisch erfassbare Teilleistungsdefizite, eine nur geringe familiäre Belastung (2–4 %), herdförmige Störungen in funktionell metabolisch bildgebenden Verfahren (PET/SPECT/fMRT), herdförmige Störungen (Verlangsamungsherde oder fokale epileptiforme Aktivität) im EEG.
Bei diesen Epilepsien findet der epileptische Anfall seinen Ursprung in einem zumeist funktionell und strukturell alterierten Hirnareal. Während des Anfallsereignisses breitet er sich entweder sukzessive auf die umliegenden Hirnstrukturen aus oder wird entlang physiologisch-anatomisch determinierter Bahnen in ein weiter entfernt liegendes Hirnareal projiziert. Darüber hinaus existiert eine kleine Gruppe idiopathisch fokaler Epilepsien mit lokalisationsbezogenen Anfällen und fehlendem pathologisch-morphologischem Korrelat. Hierzu zählen neben der Rolando-Epilepsie die benigne Okzipitallappenepilepsie, das Landau-Kleffner-Syndrom, die nächtliche Frontallappenepilepsie und die familiäre Temporallappenepilepsie.