Therapieprinzipien

Die Abbildung auf dieser Seite gibt eine Übersicht über die schrittweise Anwendung diagnostischer und therapeutischer Prinzipien bei der Behandlung von Epilepsien. Zunächst muss festgestellt werden, ob epileptische Anfälle sicher vorliegen. Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind andere organische Anfallsereignisse oder psychogene Anfälle. Die Diagnose stützt sich auf Anamnese, Fremdanamnese, neurologische Untersuchung und die weiter unten dargestellten diagnostischen Methoden.

Anwendung diagnostischer und therapeutischer Prinzipien

 

Danach gilt es, die Ätiologie der epileptischen Anfälle festzustellen und die Behandlung einer evtl. unterlagernden akuten oder chronischen neurologischen Erkrankung einzuleiten. Zumeist führt die suffiziente Behandlung der unterlagernden neurologischen Erkrankung zum Sistieren der Anfälle oder zumindest zu einer deutlichen Verbesserung der Anfallssituation. Bei einigen epileptischen Syndromen, wie z. B. Reflex-Epilepsien oder idiopathisch generalisierten Epilepsien, besteht die erste therapeutische Maßnahme in der Beratung über die Vermeidung anfallsprovozierender Faktoren. Schon beim ersten epileptischen Anfall muss geprüft werden, ob die Indikation zu einer medikamentösen Behandlung besteht. Ist dies der Fall,so wird zunächst mit einer antikonvulsiven Monotherapie mit einem Medikament der ersten Wahl begonnen. Das primäre therapeutische Ziel die Anfallsfreiheit kann hierdurch bei etwa zwei Drittel der Patienten erreicht werden.

Für den Fall einer medikamentösen Therapieresistenz wird im nächsten Schritt vorzugsweise auf eine zweite Monotherapie mit einem Mittel der ersten Wahl umgestellt. Hierzu wird zunächst die zweite Substanz aufdosiert, bevor die initiale Substanz abgesetzt wird. Die zwischenzeitlich entstehende Medikamentenkombination kann in ihrer Wirksamkeit für einige Wochen beobachtet werden. Bei Anfallsfreiheit wird die Kombinationstherapie beibehalten. Bei Weiterbestehen der Therapieresistenz wird auf die zweite Monotherapie mit der hinzugefügten Substanz umgestellt. Alternativ zum zweiten Monotherapieversuch kann direkt auf eine Kombinationstherapie bestehend aus zwei Mitteln der ersten Wahl oder einem Mittel der ersten Wahl plus einem geeigneten Zusatztherapeutikum eingestellt werden.

Bei Fortbestehen der Therapieresistenz wird im nächsten Schritt eine operative Behandelbarkeit der Epilepsie geprüft und ggf. eine prächirurgische Epilepsiediagnostik eingeleitet. Nach Bedarf werden in 3- bis 6-monatigen Intervallen Kontrolluntersuchungen durchgeführt. Ist das Behandlungsziel Anfallsfreiheit erreicht, wird über eine vorläufige Behandlungsdauer entschieden. Bei Nichterreichen der Behandlungsziele wird über eine Änderung der therapeutischen Strategie entschieden. In Abhängigkeit von Ätiologie und epileptischem Syndrom liegt die Behandlungsdauer bei fortbestehender Anfallsfreiheit bei sechs Monaten bis mehreren Jahren. Erst hiernach wird über eine Reduktion bzw. ein Absetzen der antikonvulsiven Medikation entschieden.

Eines der wichtigsten Therapieprinzipien ist die individuelle Beratung des Patienten in allen Behandlungsphasen. Zudem müssen unterlagernde Erkrankungen oder sich sekundär entwickelnde Begleiterkrankungen (wie z. B. psychiatrische Störungen) oder Begleitsymptome (wie z. B. kognitive Störungen) konstant hinterfragt und in das therapeutische Konzept mit eingebunden sein. Insofern sich im Verlauf der Behandlung Zweifel an der ursprünglichen Diagnose ergeben, muss erneut eine intensive diagnostische Abklärung erfolgen. Von Anfang an müssen Elemente des Therapiemonitorings wie z. B. eine detaillierte ärztliche Dokumentation, Anfallskalender, Serumspiegel-Bestimmungen oder EEG-Kontrollen in größeren Intervallen durchgeführt werden. Im Folgenden wird auf die einzelnen Schritte der diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweise detailliert eingegangen.