Behandlung symptomatischer Ursachen

Bei neu aufgetretenen epileptischen Anfällen muss zunächst der Frage nachgegangen werden, ob es sich um eine akute symptomatische Epilepsie aufgrund einer floriden Gehirnerkrankung oder um eine Manifestation einer Epilepsie bei chronischer stabiler oder residueller Gehirnläsion oder um die Manifestation von Anfällen im Rahmen idiopathischer Epilepsiesyndrome handelt. Hierdurch werden das diagnostische Vorgehen bzw. die initialen therapeutischen Schritte bestimmt.

Zunächst richtet sich die Diagnostik auf die Erkennung unterlagernder akuter oder chronischer Gehirnerkrankungen bzw. Gehirnaffektionen. Ursächlich kommen für diese Gruppe der akuten oder chronischen symptomatischen Epilepsien alle Gehirnerkrankungen mit Beteiligung des Cortex in Frage. Aber auch Erkrankungen, die zunächst zu einer Schädigung des Marklagers führen, wie z. B. die subkortikale arteriosklerotische Encephalopathie oder die Multiple Sklerose können durch Waller’sche Degeneration zum Untergang der zugehörigen Neuronen und somit zu epileptischen Anfällen führen. Darüber hinaus können Anfälle durch Gehirnaffektionen im Rahmen allgemeiner metabolischer Erkrankungen oder toxischer Belastungen auftreten. Der Begriff akute symptomatische Epilepsie beinhaltet, dass mehrere Anfälle zumeist bei akuter Gehirnerkrankung aufgetreten sind. Bei 80–90 % der Patienten führt die Ausheilung der Grunderkrankung oder Gehirnaffektion gleichzeitig zum Sistieren der Anfälle. Anfälle in dieser Situation werden von anderen Epileptologen auch als „epileptische Reaktion“ oder „Gelegenheitsanfälle“ bezeichnet. Hierdurch wird zur terminologischen Verwirrung beigetragen, da diese Begriffe keine internationale Anerkennung finden. Eine Übersicht über die häufigsten Ätiologien symptomatischer Epilepsien gibt die folgende Tabelle:

 

Tumoren hirneigene Tumoren (z. B. Gliome) 
Meningeom 
Metastasen
vaskulär Hirninfarkt 
Hirnblutung 
Sinusvenenthrombose
Gehirntraumatisierung Contusio cerebri 
perinatale Hypoxämie 
Z. n. schwerere Hypoxämie 
z. B. Spätreanimation) 
Z. n. schwerer Hypoglykämie
entzündliche Gehirnerkrankungen Meningoencephalitis 
Hirnabszess 
Encephalitis nach Impfung
Gehirndegeneration Morbus Alzheimer 
subkortikale arteriosklerotische Encephalopathie (SAE)
metabolische Störungen Wasserhaushalts- und Elektrolytstörungen (z.B. Hypo- oder Hypernatriämie, Hypocalcämie, Hypomagnesiämie, Hypoglykämie, Urämie, Hepatoencephalopathie, Porphyrie, Aminosäurestoffwechselstörungen, Vitaminmangel (z. B. Vitamin-B6-Mangel)
pharmakogen sehr viele Medikamente, jedoch selten klinisch relevant, am häufigsten bei: Theophyllin, Penicillinen, Phenothiazin, Schwermetallen
Drogenentzug Alkohol 
Morphine 
Benzodiazepine

 

Zur Behandlung der unterlagernden Grunderkrankungen wird auf die aktuell gültigen Therapieleitlinien der neurologischen Fachliteratur verwiesen.

In die zweite Gruppe der Ätiologien gehören Patienten mit stabilen primären oder sekundären Gehirnläsionen. Bei den primären Störungen handelt es sich zumeist um Missbildungssyndrome wie kortikale Dysplasien oder Phakomatosen. Die Ammonshornsklerose ist wahrscheinlich eine primäre Anlagestörung, die sich durch sekundäre epileptogene Prozesse in ihrer Epileptogenizität verfestigt. Zu den sekundär erworbenen Ätiologien von Epilepsien gehören alle Erkrankungen, die nach Ausheilung einer primären ZNS-Erkrankung weiter zu epileptischen Anfällen führen (z. B.: posttraumatische oder postencephalitische Epilepsien).

Bei den idiopathisch-generalisierten oder idiopathisch-fokalen Epilepsien findet sich weder in der klinisch-neurologischen Untersuchung noch mittels cerebraler Bildgebung ein Hinweis auf eine Ätiologie. Diese Syndrome sind ganz überwiegend genetisch bedingt.

Darüber hinaus werden in der Praxis Patienten mit einzelnen, zumeist generalisierten Anfällen beobachtet, deren ätiologische Zuordnung offen bleiben muss. Provokationsmechanismen sind häufig, aber nicht immer erkennbar. Ergibt die Abklärung inklusive neurologischer Untersuchung, MRT, Routine-EEG und Laborchemie Normalbefunde, so spricht man vom Gelegenheitsanfall, z. B. mit tonisch-klonischem Verlauf.